Gotthilf
Vöhringer wurde am 15. Januar 1881 in Ebingen geboren. Sein Vater war
dort
Leiter des Evangelischen Erziehungsheims Augustenhilfe. So erlebte er
schon
früh Anstaltsleben das bei ihm das Interesse für Anstalten,
Erziehungsheime und
pädagogische Fragen weckte. Durch seinen Vater kam er früh in Kontakt
mit
pietistischen Gemeinschaften was er zeitlebens sehr geschätzt hat.
Nach
Besuch
der Lateinschule und den Seminaren Maulbronn und Blaubeuren wurde er
Stiftler
in Tübingen. 1903 trat er in den Dienst der württembergischen
Landskirche und
arbeitete 4 Jahre als Vikar in verschiedenen Gemeinden. 1907
promovierte er an
der Philosophischen Fakultät in Tübingen.
Eine
Studienreise nach Kamerun, Lagos, Togo und der Goldküste (in Kamerun
lebte ein
Bruder von ihm als Missionar) 1912 ging er als Geschäftsführer zu der
auf seine
Initiative gegründeten „Württ. Kamerungesellschaft“ nach Westafrika.
Seine
erfolgreiche Tätigkeit wurde durch den ersten Weltkrieg und
Gefangenschaft in
englischen Internierungslagern jäh unterbrochen. Ende 1914 konnte er
nach
Deutschland zurückkehren und wurde Pfarrverweser im Stuttgarter Osten.
Seine
Hoffnung, nach Kamerun zurückzukehren zerschlug sich durch den Verlust
der
deutschen Kolonien 1918.
Ein Ruf an
die Zentralleitung für Wohltätigkeit im Herbst 1919 wurde zur Wende in
Dr.
Vöhringers Leben. Seine Hauptaufgabe war die Aufsicht und Unterstützung
sämtlicher Erziehungsanstalten in Württemberg die schwer unter der
Inflation zu
leiden hatten.
1924 wurde
die Liga der freien Wohlfahrtsverbände gegründet, die Innere Mission
berief ihn
als Generalsekretär der neuen Organisation, 1925 siedelte er in die
Geschäftsstelle nach Berlin um.
Er leistet
dort auch Vorbildliches bei Sonderaufgaben wie der Einführung einer
„Berufsgenossenschaft für Gesundheitspflege und Wohlfahtspflege“ sowie
bei der
Organisation der ersten Winterhilfswerke 1931 bis 1933.
Er
lehnte
es ab, in die NSDAP einzutreten um die Geschäftsführung der
neugegründeten
„Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“ NSV übernehmen zukönnen. So
zog er
1943 mit 53 Jahren den Ruhestand vor und zog in seine schwäbische
Heimat nach
Zizishausen bei Nürtingen.
Von 1937 an
war Dr. Vöhringer wieder bei der Inneren Mission aktiv. 1938 wurde er
in den
Verwaltungsrat der Fürsorgeheime Leonberg-Oberensingen und 1939 zu
dessen
Vorsitzenden gewählt. Aus diesen ging dann später die Samariterstiftung
mit Sitz in Oberensingen hervor.
Mit großer
Energie setzte er sich im Dritten Reich gegen die Eingriffe von Staat,
Stadt
Leonberg und NS-Parteistellen zur Wehr.
Obwohl das
Amt des Verwaltungsratsvorsitzenden in der Nachkriegszeit besonders
viel von
Gotthilf Vöhringer verlangte, übernahm er 1944 die Vertretung des
erkrankten
Geschäftsführers des Landesverbandes der Inneren Mission, Pfarrer
Alfons
Schlosser. 1945 übernahm er die ganze Geschäftsführung. Da das
Stuttgarter Büro
ausgebombt worden war, wurde die Geschäftsstelle vorübergehend nach
Oberensingen verlegt.
Nach
dem zweiten
Weltkrieg hatte Nürtingen den Zuzug
vieler Neubürger zu verkraften, es galt neben Gmünd als „stärkst
belegte Stadt
im Südwesten“ mit ca. 5500 Neubürgern. (1939 lebten in Nürtingen 10500
Bürger)
Bürgermeister
Pfänder suchte dringend für Nürtingen eine Möglichkeit der Versorgung
alter
Menschen. Im Umkreis gab es in
Neuffen
seit 1945 ein Frauenheim für 33 alte Frauen, in Kirchheim u.T das
Fickerstift und
in Dettingen u.T. ein Altersheim das Dr. Vöhringer noch als
Geschäftsführer des
Landesverbandes der Inneren Mission während des Krieges für Flüchtlinge
eingerichtet hatte.
1952
konstituierte sich das Komitee für die Errichtung eines Altenheimes
Nürtingen
und Umgebung mit Landrat Dr.Schaude, den Fabrikanten Rudolf Grözinger
(Entress)
und Wolfram Melchior, Gemeindrat Fr. Reinöhl, Bankdirektor Dieterich,
Dr.
Vöhringer und Bürgermeister Pfänder.
Dr.
Vöhringer sah in Verbindung mit dem Friederikenheim und seiner
Landwirtschaft
gute Voraussetzungen für den Bau und Betrieb eines Altersheimes.
Die
Finanzierung des Vorhabens erzeigte sich als äußerst schwierig. So war
es ein
großer Erfolg, als am 10. April 1954 mit dem Bau des Altenheimes
begonnen
werden konnte.
Am 6.
Januar 1955 zogen die ersten Bewohner in das Altenheim ein. Am 24.
Januar
erhielt das Haus den Namen seines Erbauers: jetzt
Gotthilf-Vöhringer-Heim. Die
Zeitung schreibt: Es sei sein Lebenswerk. Sein unermüdlicher Geist habe
diese
große soziale Tat zuwege gebracht. Als Gotthilf-Vöhringer-Heim werde es
in
Zukunft Zeugnis ablegen von der selbstlosen Arbeit dieses Mannes.
Außerdem
wurden nach ihm benannt:
Gotthilf-Vöhringer-Schule,
Evangelische Fachschule in Wilhelmsdorf-Mariaberg
Gotthilf-Vöhringer-Heim,
Jugendhilfeeinrichtung in Heidenheim
Dr.-Vöhringer-Saal,
Speisesaal im Samariterstift Leonberg
Daß sein
ganzes Leben der Arbeit für andere gehörte wurde u.A. auch durch die
Verleihung
des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse im Jahr 1951 und der Verleihung
des Ehrendoktors
der Theologischen Fakultät der Universität Tübingen gewürdigt.
Seine
religiöse Haltung war bis an sein Lebensende ein festes Vertrauen auf
Gott und
den Erlöser Jesus Christus. Andersdenkenden gegenüber war er tolerant.
Sein
Glaube befähigte ihn, seine schwere Erkrankung auf sich zu nehmen und
mit
verringerter Kraft das zu leisten, was ihm im Dienst am Nächsten zu tun
möglich
blieb.
Am 1. Mai
1955 verstarb der „Lastenträger der anderen“ wie ihn Oberkirchenrat
Keller
nannte. Beigesetzt wurde er auf dem Friedhof in Oberensingen direkt
neben dem
Dr.-Vöhringer-Heim
Quellen:
D.Dr. Gotthilf Vöhringer-ein Leben für die
Wohlfahrtspflege von Antonie Kraut
Unterlagen des Dr.-Vöhringer-Heimes
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Dr. G. Vöhringer
Der Altbau des
Dr.
Vöhringerheims, das ursprüngliche Altersheim
Der Neubau des Dr.
Vöhringerheims
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